Geschichte

Der Anfang

Der erste Weltkrieg war kaum zu Ende betrat aus den Kronländern kommend ein Mann Wien, der in seinem Reisegepäck etwas hatte, was bis heute noch Gültigkeit hat: Die Gründung eines österreichischen Berufsboxverbandes. Er selbst wurde der erste österreichische Meister im Weltergewicht. Der Mann mit der heiseren Stimme, seine Pioniertat wurde ihm nicht gut belohnt, ein harter Schlag hatte seinen Kehlkopf schwer geschädigt. HARRY GÖTZ. Ihm haben wir es zum verdanken das Österreich eine bekannte Boxnation wurde. In seiner Ära hat sich ein Mann zu einem Europameisterschaftskampf hochgeboxt, der Weltergewichtler Peter Hanna, der sich wegen eines Fehlurteils bald vom Ring verabschiedete. Dann folgte die Blütenzeit des Boxsports in Österreich, ausgelöst durch die tristen Nachkriegsjahre. Die Boxer hungerten und nur hungrige Boxer werden gute Boxer.

von links: Schweiger, Hinnich, Gold - mitte: Harry Götz und Ferry Proy
von links: Schweiger, Hinnich, Gold - mitte: Harry Götz und Ferry Proy

Ein Rückblick auf Namen die man nur mehr auf Grabsteine zu finden vermag:

Fliegengewicht Max Kuschner Österreichischer Meister
  Jo Albert  
  Ernst Weiss Österreichischer Meister
und Europameister
 
Bantamgewicht Ernst Weiss Österreichischer Meister
und Europameister
  Jo Albert  
 
Federgewicht Waldinger Wohlmut Swoboda  
  Ernst Weiss Österreichischer Meister
und Europameister
 
Leichtgewicht Karl Blaho Österreichischer Meister
und Europameister
  Franz Melkus Österreichischer Meister
  Ernst Wöhrer  
  Viakovsky  
  Pepi Pospischil Österreichischer Meister
 
Weltergewicht Karl Blaho Österreichischer Meister
und Europameister
  Franz Melkus Österreichischer Meister
  Franz Pimperl  
  Hering  
  Nesladek  
  Hans Norbert Österreichischer Meister
  Pepi Hampeis  
  J. Courney  
  Karl Koller  
  Kid Rado  
  Hans Fraberger Österreichischer Meister
  Alex Huditsch Österreichischer Meister
  Willy Hermann  
 
Mittelgewicht Poldi Steinbach Österreichischer Meister
und Europameister
  Karl Neubauer Österreichischer Meister
  Hans Putz  
  Edi Hrabak  
  August Kudernatsch  
  Kraus  
 
Halbschwergewicht Hein Wiesner Österreichischer Meister
 
Schwergewicht Henz Lazek Österreichischer Meister
und Europameister
  Hans Hawicek  
  Rex Romus  
  Hans Wesselitsch  
von links : ?, Jo Albert, E. Walter, Gold Senior, Kid Rado, Ernst Wöhrer, Suchanek
von links : ?, Jo Albert, E. Walter, Gold Senior, Kid Rado, Ernst Wöhrer, Suchanek

BOXTRAGÖDIEN

Willy Hermann starb im Alter von 22 Jahren an einem Gehirntumor.
Hein Wiesner verbrannte in seiner Schrebergartenhütte.

31 BOXEUROPAMEISTERSCHAFTEN

1929 Wien Weltergewicht Genon (BE) bes. Peter Hana (Ö) TKO 14
1931 Wien Mittelgewicht Steinbach (Ö) bes. Bosisio (IT) n. P.
1932 Wien Mittelgewicht Ara (SP) bes. Neubauer (Ö) KO 11
1935 Wien HS Lazek (Ö) bes. Preciso (IT) Disqua. 13
1936 Wien HS Lazek (Ö) bes. De Boer (HO) KO 5
1936 Wien HS Lazek (Ö) bes. Ollive (FR) KO 9
1936 Wien HS Roth (BE) bes. Lazek (Ö) n. P. 15
1938 Wien Schwer Lazek (Ö) bes. de Leo (IT) n. P. 15
1938 Wien Schwer Lazek (Ö) bes. Neusel (D) n. P. 15
1940 Wien Leicht Blaho (Ö) bes. Abbruciati (IT) n. P. 15
1941 Wien Feder Weiss (Ö) bes. Popescu (RO) n. P. 15
1941 Wien Feder Bondayilla (IT) bes. Weiss (Ö) n. P. 15
1950 Wien Schwer Weidinger (Ö) bes. Olek (FR) n. P. 15
1962 Wien Mittel Papp (U) bes. Christensen (DK) KO 7
1963 Wien Mittel Papp (U) bes. Adridge (E) KO 15
1964 Wien Mittel Papp (U) bes. Leahy (E) n. P. 15
1967 Wien Superleicht Orsolics (Ö) bes. Rudhof (D) n. P. 15
1967 Wien Superleicht Orsolics (Ö) bes. Sombrita (SP) KO 11
1967 Wien Superleicht Orsolics (Ö) ? Sombrita (SP) Unents. 15 R.
1968 Wien Superleicht Arcari (IT) bes. Orsolics (Ö) TKO 12
1969 Wien Superwelter Golfarini (IT) bes. Marklewitz (Ö)  
1969 Wien Welter Orsolics (Ö) bes. Josselin (FR) KO 4
1970 Wien Welter Orsolics (Ö) bes. Klein (D) KO 9
1970 Wien Welter Orsolics (Ö) bes. Bossl (IT) n. P. 15
1971 Wien Welter Charles (E) bes. Orsolics (Ö) KO 12
1971 Wien Superleicht Roque (FR) ? Kamaci (TÜR) Unents. 15 R.
1973 Wien Schwergewicht Carlos Duran (IT) bes. Orsolics (Ö) n. P. 15
1974 Wien Schwergewicht Kechichian (FR) bes. Orsolics (Ö) TKO 11
1975 Wien Schwergewicht José Duran (S) bes. Csandl (Ö) n. P. 15
1975 Wien Schwergewicht Dagge (D) bes. Franz Csandl (Ö) KO 7
1978 Villach Welter Pachler (Ö) bes. Hansen (DK) Disq. 8 R.

PRÄSIDENTEN

  • EMMERICH
  • KRAUS
  • KLEIN
  • KNAPP
  • PROY
  • SUCHANEK
  • WEIDINGER
  • SCHWEIGER
  • MINNICH
  • PAWEL
  • PALATIN

Sie kommen niemals wieder!
Ein Rundgang in die Vergangenheit

Grau und bleiern schwer hängt der Himmel über der Stadt. Die Menschen pilgern in scharen, blumenbeschwert zu den Gräbern. Es ist der Allerseelentag. Auch mich zog es zu den Ruhestätten schon längst Verstorbener, aber nicht zu den Verwandten, sondern zu Freunden, Freunden aus dem Lager der Boxer. Wie Sandkörner in der Wüste liegen die Gräber verstreut. Kaum noch lesbar die Namen. Ungepflegt der Vergessenheit anheim gefallen sind ihre Ruhestätten, sie, die sich einst mit Hurrarufen feiern ließen, die es verstanden Boxarenen zu füllen. Schon sehr verwaschen kann man den Namen eines Mannes erkennen „Harry Götz“, eines Mannes dem wir vieles zu danken haben. Er war Gründer des österreichischen Berufsboxverbandes. Vor dem ersten Weltkrieg ist er aus einem der Kronländer zugewandert, war es sein Ziel den österreichischen Berufsboxport populär zu machen. Er wurde auch der erste österreichischer Meister. Der Sport lohnte ihm diese Tat nicht. Ein Schlag gegen den Kehlkopf führte zu einer lebenslänglichen Heiserkeit. 82 jährig verabschiedete er sich von dieser Welt. Sein Markenzeichen, ein Mann mit weicher Seele und Hang zu echter Freundschaft. Peter Hanna lese ich auf einer der Steine. Der erste Boxer dem es vergönnt war um eine Europameisterschaft zu boxen. Er war ein blendender Techniker, aber es war ihm nicht vergönnt die Krone zu erobern.

Es lohnt sich vor einer Grabstätte zu verweilen. Hier ruht der erste Europameister österreichischer Boxgeschichte. Was heute noch an Steinbach erinnert ist der schlichte Meistergürtel im Landstrasser Bezirksmuseum. Auch dem Mittelgewichtler Karl Neubauer bot sich die Gelegenheit um die Europameisterschaft zu boxen. In der Kampfstätte Weigels Dreherpark stand er in einer Vorentscheidung dem großen spanischen Talent Ignoza Ara gegenüber. Die elfte Runde brachte die bittere Enttäuschung. Ara schickte Neubauer ins Traumland.

Franz Pimperl

Unauffindbar waren für mich die Grabstätten von Pimperl, Hering und Putz. Sie waren Boxer die nie einen Titel erkämpften, aber vielen anderen durch ihre Härte den Weg dahin versperrten.

Ich traf ihn einst bei der Stadtbahnstation Meidling, den ewig Jungen und hübschen Leichtgewichts Europameister Karl Blaho. Er war der beste Techniker den österreich je hervorbrachte. Er war auch einmal mein Trainer. Eine Woche später standen wir tief gebeugt vor seinem Grabe. Er war ein großer Verlust für den heimischen Boxsport. Meister Pospischil und Ernst Wöhrer zwei Leichtgewichtler, die erst ihre Chance witterten als Blaho in das Weltergewicht übersiedelte Wöhrer verdiente sich seine Lorbeeren in Südafrika. Willkommene Einnahmen in einer Zeit da in der Heimat die Arbeitslosigkeit wütete. Vor einem Grab halte ich stille Andacht. Hier ruht ein ganz großer Heinz Lazzek, Europameister im Schwergewicht. Einmal versuchte er es um die Krone im Halbschwergewicht zu boxen. Der Gegner war der Belgier Gustave Roth. Er verließ den Ring als Weltmeister. Das harte Gewichtkochen Lazzeks trug zum scheitern bei. Lazzek verteidigte oft seinen Titel gegen ganz große, Heuser und Kölblin bekamen seine Fäuste zu spüren.
österreichs zweite Schwergewichtshoffnung Hans Havlicek scheiterte stets an Lazzek. Betrübt standen wir einst vor dem Grab des größten das der Berufsboxsport hervorbrachte. Europameister im Fliegen, Bantam und Federgewicht Ernst Weiss. Er schlug in einem Nichttitelkampf den Weltmeister Vang Perez und scheiterte zweimal im Kampf um die Weltmeisterschaft gegen den Franzosen Angelmann. Ohne ein Wort des Dankes für die größte Leistung die ein Sportler erbringen kann, versank der Sarg des einst so gefeierten in die Grube. Nun stehe ich vor dem Grabe Franz Woditschkas, besser bekannt unter den Namen Jo Albert. Ein großes Talent der aber die Hürde Weiss nicht überspringen konnte. Auch dem so talentierten Waldinger war Weiss eine Nummer zu groß.

Ganz in eine Ecke gedrängt liegt die letzte Ruhestätte eines ganz Begnadeten, Halbschwergewicht Hein Wiesner. Weißblond, athletisch, der Liebling der Frauenwelt. Was seinen Gegner sehr schwer gelang, erreichte König Alkohol. Wiesner verbrannte in einer Schrebergartenhütte bis zur Unkenntlichkeit.

Joschi Weidingers Grab war das letzte das ich ausuchte. Tausende jubelten ihm im Wiener Stadion zu, als er den Franzosen Olleg nach Punkten besiegte. Wiens Komiker Rudolf Karl war der erste der Joschi gratulierte. Er stieg in den Ring und küsste ihn, den frischgebackenen Europameister im Schwergewicht. Ich habe noch einmal in Erinnerung gerufen, die Großen und die Ungekrönten. Sie alle haben mit ihrem Können und ihrer Sympathie tausende begeistert. Bei drei Boxern war es mir nicht möglich ihre letzte Ruhestätte zu suchen, sie liegen in fremder Erde: Der Schwergewichtler Rex Romus, er verstarb in Amerika
Der Schwergewichtler Kurt Schiegl, er verstarb in Canada
Der Mittelgewichtler Willy Dowhan, er verstarb am heiligen Abend in Neu Seeland.

Beitrag von Rudolf Köhler